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Meteor Radar Netzwerke

Meteorradare sind zuverlässige und weit verbreitete Instrumente zur Untersuchung der Dynamik der Mesosphäre und der unteren Thermosphäre (MLT). Die Technik basiert auf der Reflexion von elektromagnetischen Wellen an Meteorschweifen, welche sich mit dem Wind bewegen. Somit ermöglichen diese Radargeräte Beobachtungen von mesosphärischen Winden in einem Höhenbereich zwischen 80 und 100 km, bei einer angemessenen zeitlichen Auflösung (bis zu 1 Stunde). Ebenfalls kann die Temperatur der Mesopausenregion aus der ambipolaren Diffusion, d.h. wie schnell der Meteorschweif zerfällt, abgeschätzt werden. Die Systeme bestehen meist aus einer Sendeantenne und einem Empfangs-Array von 5 Antennen, um die Position der Meteorspur am Himmel durch Hilfe von Interferometrie zu bestimmen. Das IAP betreibt mehrere solcher Meteorradars in Andenes (Norwegen) und Juliusruh (Deutschland).

Das in den letzten Jahren am IAP entwickelte Konzept MMARIA (Multistatic/Multifrequency Agile Radar for Investigations of the Atmosphere) (Stober and Chau, 2015) und dessen Weiterentwicklung SIMONe (Spread-spectrum Interferometric multistatic Meteor radar Observing Network) wurde in den vergangenen Jahren, durch die Inbetriebnahme von Meteorradar-Netzwerken in Deutschland, Norwegen und Südamerika, umgesetzt. MMARIA und SIMONe stellen eine Erweiterung traditioneller Meteorradarsysteme dar, indem entweder mehrere räumlich-getrennte Empfänger zu bestehenden Sendestationen oder mehrere räumlich-getrennte Sender (Chau et al., 2019) zu bestehenden, interferometrischen Empfangsstationen hinzugefügt werden. Das Prinzip der Vorwärtsstreuung erlaubt es dabei, fast das gleiche Gebietsvolumen aus verschiedenen Blickwinkeln zu beobachten (Chau et al., 2017). Ein weiterer Vorteil ist, dass eine erhöhte Anzahl von Meteoren pro Zeiteinheit, bei Verwendung des gleichen Senders, erfasst werden kann, was eine kostengünstige Ergänzung zu bestehenden Meteorradargeräten darstellt.

Im MMARIA-Netzwerk Deutschland sind, neben den monostatischen Meteorradaren Juliusruh (IAP, 32,55 MHz) und Collm (Universität Leipzig, 36,2 MHz), auch weitere IAP-eigene Multifrequenz-Empfangsstationen in Neustrelitz, Bornim, Juliusruh und Kühlungsborn zusammengefasst. Insgesamt sind damit 9 multistatische Verbindungen (2 monostatische und 7 bistatische) realisiert, die sowohl lokale Windmessungen, als auch die Bestimmung horizontaler Windfelder im Bereich der Mesosphäre, ermöglichen.

Das MMARIA-Netzwerk Norwegen wird im Wesentlichen durch die Zusammenarbeit mit den Institutionen realisiert, die Meteorradare in Andenes, Tromsø, Alta und Kiruna betreiben. Zusätzlich betreibt das IAP, im ca. 200 km südlich von Andenes gelegenen Ort Straumen, ein Fünfkanal-Empfangssystem, welches die vorwärtsgestreuten Aussendungen des SMR von Andenes empfängt.

In Argentinien wurden 2018 in Ushuaia und Tolhuin (Tierra del Fuego) zwei Fünfkanal-Empfangsstationen aufgebaut, die in Zusammenarbeit mit SAAMER (Southern Argentina Agile Meteor Radar) in Rio Grande die erste Stufe des MMARIA-Netzwerks in Südamerika bilden. In einem nächsten Schritt wurde 2019, in der Provinz Santa Cruz, ein erstes SIMONe-System installiert. Der Fünfkanal-Sender in der Ortschaft Tres Lagos besteht aus dem am IAP entwickelten SanDRA-System, das in Kombination mit kommerzieller Verstärkertechnik kontinuierliche, kodierte CW-Signale aussendet. Die an den Meteorspuren reflektierten Signale werden derzeit an 5 Standorten in bis zu 200 km Entfernung registriert. Die dort eingesetzten Einkanal-Empfänger basieren ebenfalls auf SanDRA. Zur Positionsbestimmung der Reflektionspunkte werden die kodierten Informationen, der 5 Sender, an jedem Empfangsstandort kohärent kombiniert. Die weitere Bestimmung der Horizontalwinde kann einzeln für den Standort oder ebenfalls kombiniert für Windfelder erfolgen.

Ein zweites, gleichartiges SIMONe-System, bestehend aus einem Fünfkanal-Sender und 5 abgesetzten Einkanal-Empfangssystemen, wurde zeitgleich in Peru installiert.

Veröffentlichungen

  • G. Stober und J. L. Chau, A multistatic and multifrequency novel approach for specular meteor radars to improve wind measurements in the MLT region, Radio Sci., 431-442, doi:10.1002/2014RS005591, 2015.
  • J. L. Chau, G. Stober, C. M. Hall, M. Tsutsumi, F. I. Laskar und P. Hoffmann, Polar mesospheric horizontal divergence and relative vorticity measurements using multiple specular meteor radars, Radio Sci., 52, 811-828, doi:10.1002/2016RS006225, 2017
  • J. L. Chau, J. M. Urco, J. P. Vierinen, R. A. Volz, M. Clahsen, N. Pfeffer und J. Trautner, Novel specular meteor radar systems using coherent MIMO techniques to study the mesosphere and lower thermosphere, Atmos. Meas. Tech., 12, 2113-2127, doi:10.5194/amt-12-2113-2019, 2019.

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