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Geschichtete Turbulenz

Wie universell sind die spektralen Verteilungen von Wind und Temperatur in der mittleren Atmosphäre? Was sind die Konsequenzen von Schichtung und der Erdrotation für die Dynamik der mittleren Atmosphäre? Das ist eine herausfordernde Frage, sowohl für Theoretiker als auch Beobachter.

Für Kolmogorov-artige Turbulenz ist die gesamte Energiekaskade durch den spektralen Energiefluss bestimmt. In der Dynamik der mittleren Atmosphäre scheint das für die mesoskaligen Horizontalbewegungen zu gelten. Das Frequenzspektrum der mesoskalgen Energie, beobachtet vom Meteorradarsystem SIMONe Argentinien, ist in Abbildung 1(a) gegeben. Der theoretisch verifizierte spektrale Anstieg von f-2  unterstützt unsere Aussage, dass das mesoskalige Spektrum tatsächlich eine Kolmogorov-artige Form hat. Die Abhängigkeit von der vertikalen Wellenzahl ist von der Schichtung kontrolliert. Dieses Spektrum hat einen kz-3 -Anstieg, wie es mit den offenen Kreisen in Abb. 1(b) gezeigt ist. Die dort gezeigten Daten stammen von der WADIS2-Raketenkampagne. Im Extremfall starker Turbulenz und Schichtung kaskadieren die turbulenten Strukturen von 100 – 500 Meter Vertikalskale die Energie nicht mehr abwärts und das Spektrum wird flach. Dieser Prozess ist in Abb. 1(b) eingeschlossen und mit eine schwarzen gepunkteten Linie hervorgehoben.

 

Auf großen horizontalen Skalen, typischerweise über 1000 km, erwarten wir den Grenzfall von Trägheitsoszillationen, weil der Einfluss der Corioliskraft signifikant wird. Obwohl die Grenzfälle von rotations-, schichtungs- und trägheits-bestimmten  dynamischen Regimen gut bekannt sind, besteht die wirkliche Herausforderung darin, die Übergangszustände zwischen ihnen und die Rolle von Schwerewellen und kohärenten Strukturen der geschichteten Turbulenz in der mittleren Atmosphäre zu verstehen.

Am IAP verfügen wir über hochauflösende Instrumente und Modelle, mit denen wir die Energiekaskaden von einigen 1000 km bis hinunter zu Meter-Skalen in der rotierenden und geschichteten Atmosphäre untersuchen. Wir kombinieren Expertise für theoretische Modelle und numerische Simulationen, profilierenden und bildgebenden Radar- und Lidarsystemen sowie Höhenforschungsraketen zu einer gemeinsamen Anstrengung aller drei Abteilungen.

Als Ergebnis entstanden seit 2018 in Zusammenarbeit von Optik-, Radar- und Modellierungsabteilung eine Reihe von Veröffentlichungen:

  • V. Avsarkisov, E. Becker und T. Renkwitz, Turbulent parameters in the middle atmosphere: Theoretical estimates deduced from a gravity wave resolving general circulation model, J. Atmos. Sci., eingereicht, 2021.
  • V. Avsarkisov und B. Strelnikov, On the kz-3 vertical energy spectrum in strongly stratified turbulence, J. Fluid Mech.,  eingereicht, 2021.
  • J. L. Chau, J. M. Urco, V. Avsarkisov, J. P. Vierinen, R. Latteck, C. M. Hall und M. Tsutsumi, Four-dimensional quantification of Kelvin-Helmholtz instabilities in the polar summer mesosphere using volumetric radar imaging, Geophys. Res. Lett., 47, doi:10.1029/2019GL086081, 2020.
  • J. Söder, C. Zülicke, M. Gerding und F.-J. Lübken, High-resolution observations of turbulence distributions across tropopause folds, J. Geophys. Res., 126(6), doi:10.1029/2020JD033857, 2021.
  • T. Staszak, B. Strelnikov, R. Latteck, T. Renkwitz, M. Friedrich, G. Baumgarten und F.-J. Lübken, Turbulence generated small-scale structures as PMWE formation mechanism: Results from rocket campaign, J. Atmos. Solar-Terr. Phys., 217, doi:10.1016/j.jastp.2021.105559, 2021.
  • B. Strelnikov, T. Staszak, R. Latteck, T. Renkwitz, I. Strelnikova, F.-J. Lübken, G. Baumgarten, J. L. Chau, J. Stude, M. Rapp, I. Hörner, S. Löhle, M. Eberhart, S. Fasoulas, M. Friedrich, Jörg Gumbel, J. Hedin, M. Hörschgen-Eggers, G. Giono und E. Belova, Sounding rocket project PMWE for investigation of polar mesosphere winter echoes, J. Atmos. Solar-Terr. Phys., doi:10.1016/j.jastp.2021.105596, 2021.