zur Startseite IAP Kühlungsborn
zur Startseite der Leibniz-Gemeinschaft

Temperaturgezeiten in mittleren Breiten

Bis heute existieren weltweit nur wenige Lidarsysteme, mit denen Temperaturmessungen unabhängig vom Sonnenstand in der Mesosphäre möglich sind. Dies liegt an der enormen technischen Herausforderung, am Tag und damit auch bei einem hohen Sonnenstand zu messen.

Am IAP wurde zusätzlich zum tageslichtfähigen K-Lidar ein tageslichtfähiges RMR-Lidar entwickelt. Mit diesem werden seit April 2011 Routinemessungen zur Bestimmung atmosphärischer Phänomene (NLC, Temperaturen, Gezeiten) durchgeführt. Lidarsondierungen ermöglichen z.B. eine bessere zeitliche Auflösung der Gezeiten. Nachteilig ist, dass im Gegensatz zu Satellitenmessungen die einzelnen Moden der Gezeiten nicht aufgelöst werden können.

In Abbildung 1 ist eine mehrtägige Lidarmessung über ca. 84 Messstunden zu sehen. Links sind Absoluttemperaturen in Abhängigkeit von der Höhe dargestellt. Zur Verdeutlichung der Wellenstrukturen sind rechts Temperaturabweichungen vom Tagesmittel gezeigt. Wellensignaturen mit abwärts gerichteter Phasenausbreitung sind über den gesamten Höhenbereich zu sehen. Die Amplituden und Phasen der Gezeit werden mittels harmonischer Analyse unter der Annahme unterschiedlicher Perioden (8-, 12- und 24 h) für jede einzelne Höhe bestimmt. Die Abbildung 2 zeigt die Ergebnisse für den Oktober 2011. Auffällig ist eine dominierende 24 h-Gezeit zwischen 40 und 60 km Höhe (ca. 3 K Amplitude in 48 km Höhe, Abb. 2a). Im Allgemeinen nehmen die Amplituden der 12 h- und der 8 h-Gezeitenkomponenten mit der Höhe zu und sind zwischen 60- und 70 km Höhe größer als die der 24 h-Gezeit. Oberhalb von 90 km Höhe nehmen die Amplituden der 24 h- und 12 h-Komponente zu, während die Amplitude der 8 h-Gezeit abnimmt.

Abbildung 2b zeigt die Phasen der Gezeitenkomponenten. Bereiche mit einer abwärts gerichteten Phasenausbreitung, d.h. einer sich nach oben ausbreitenden Welle, sind für alle drei Komponenten zu finden. Die Phase der 24 h-Gezeit ändert sich dabei nur wenig, was einer langen vertikalen Wellenlänge (>60 km) entspricht. Dies ist u.a. im Einklang mit der geringer werdenden Amplitude oberhalb von 48 km. Oberhalb von 80 km ist die vertikale Wellenlänge der 12 h-Gezeit sehr kurz (<20 km), abgesehen vom Sommer. Dieses steht im Gegensatz zu Lidarsondierungen an anderen Standorten und ist Gegenstand aktueller Untersuchungen.

Lidarsondierungen ermöglichen aufgrund der hohen zeitlichen Auflösung auch die Analyse der Kurzzeitvariabilität. Eine erste Analyse zeigt vor allem für die kurzperiodischen Gezeiten (8 h und 12 h) Änderungen der Amplitude um 100 % innerhalb weniger Tage.

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • K. Baumgarten, M. Gerding, G. Baumgarten und F.-J. Lübken, Temporal variability of tidal and gravity waves during a record long 10 day continuous lidar sounding, Atmos. Chem. Phys., 18, 371-384, doi:10.5194/acp-18-371-2018, 2018.

Ansprechpartner