zur Startseite IAP Kühlungsborn
zur Startseite der Leibniz-Gemeinschaft

Leuchtende Nachtwolken über Patagonien

Unerwartete Beobachtung mit dem IAP-Kamera-Netzwerk

Kühlungsborn, 24.01.2022

Am 24. Januar war das Staunen in Patagonien (Süd-Argentinien) groß: Der Himmel über Rio Gallegos war plötzlich voll mit leuchtenden Nachtwolken (NLC). Dr. Gerd Baumgarten, der verantwortliche Wissenschaftler für das weltweite IAP-Netzwerk von Kameras zu deren Beobachtung, hatte das nicht erwartet. Auf 52°S war damit in dieser südlichen Sommersaison eigentlich nicht mehr zu rechnen, denn die tieferen Temperaturen der antarktischen Sommer-Mesopausenregion herrschen normalerweise früher im Jahr. Doch in diesem Jahr müssen besondere Verhältnisse geherrscht habe, die zur Formierung dieser Eiskristalle in ca. 85 km Höhe führten. Möglicherweise spielt dabei der Vulkanausbruch des Hunga Tonga am 15. Januar eine Rolle, mutmaßt Dr. Baumgarten – doch das muss noch genauer untersucht werden.

Einen weiteren Hinweis liefert SIMONe-Argentina – das IAP-Netzwerk von Meteor-Radaren, das Stationen auch in Süd-Argentinien unterhält. Tatsächlich, so der verantwortliche Wissenschaftler Dr. Fede Conte, ist der Beobachtungszeitraum durch starken Südwind geprägt. Der könnte weiter südlich, zum Beispiel über der Antarktis, gebildete Eisteilchen herantransportiert haben – eine weiterer Aspekt der Auswertung.

Die räumliche Ausdehnung sowie die horizontale Struktur von NLC auf kontinentalen sowie kleinen Skalen wird durch die Kombination von Kameras in Europa und Amerika beobachtet. Das IAP hat ein automatisiertes System aus hochauflösenden Digitalkameras entwickelt. Die aufgenommenen Bilder werden nahezu in Echtzeit per Internet an das IAP gesendet und archiviert. Die Daten sind in Echtzeit öffentlich zugänglich und werden regelmäßig von Citizen Scientists analysiert, die Ihre Entdeckungen mit dem Institut teilen. An dieser Stelle einen herzlichen Dank an die vielen begeisterten Beobachter der leuchtenden Nachtwolken (z.B. im AKM e.V. Forum/Leuchtende Nachtwolken) sowie an unsere Gastgeber in Patagonien.

SIMONe (Spread spectrum Interferometric Multistatic meteor radar Observing Network) besteht aus Meteor-Radaren, deren Zusammenschaltung es ermöglicht dreidimensionale Windfelder zu abzuleiten. SIMONe ist eine Forschungsaktivität, die von der Abteilung für Radarsondierungen des IAP geleitet und in enger Zusammenarbeit mit der Arctic University in Norway sowie dem MIT Haystack Observatory durchgeführt wird. Der Betrieb und Forschung zu diesen Installationen geschieht gemeinsam mit lokalen Universitäten und Instituten. Die technische Entwicklung und Forschung im Zusammenhang mit diesen Installationen wird teilweise durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG, German Research Foundation) unter SPP 1788 (DynamicEarth)-CH1482/2-1 und unter SPP 1788 (CoSIP)-CH1482/3-1 gefördert. Installation und erste Beobachtungen von SIMONe-Argentina sind in Conte et al. (2021) beschrieben. Aktuelle Daten sind von den IAP-Webseiten abrufbar.

Das Leibniz-Institut für Atmosphärenphysik (IAP) ist eines der deutschen Zentren für die Erforschung der mittleren Atmosphäre und in weltweite Kooperationen eingebunden. Es hat seinen Hauptsitz im Ostseebad Kühlungsborn, eine Außenstelle in Juliusruh und beteiligt sich maßgeblich an einem Observatorium in Nordnorwegen (ALOMAR). Als An-Institut der Universität Rostock ist das IAP fester Bestandteil des Lehrprogramms in Physik. Am IAP sind ca. 90 Mitarbeiter/innen beschäftigt. Es betreibt eine gleichstellungs- und familienorientierte Personalpolitik und ist durch das Audit "berufundfamilie" zertifiziert.

Kontakt: Dr. Gerd Baumgarten (IAP-Kamera-Netzwerk) und Dr. Fede Conte (SIMONe-Systeme)