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Einfluss längenabhängiger Ozonänderungen auf die dynamische Kopplung von Tropo-, Strato- und Mesosphäre

Im Rahmen des zurzeit laufenden DFG-Schwerpunktprogramms CAWSES untersuchen wir den Einfluss der längenabhängigen Komponenten im stratosphärischen Ozon auf die dreidimensionale Struktur von Temperatur und atmosphärischer Dynamik. Bisher bleiben die längenabhängigen Ozon-Komponenten von Ozon in den Langzeit-Prognosen für Atmosphäre und Klima zumeist unberücksichtigt (z.B. IPCC-Bericht I, 2007). Die rechnerisch aufwendigen Klimamodelle mit interaktiv gekoppelter Chemie beinhalten zwar die längenabhängige Ozon-Komponente, zeigen aber aufgrund der großen Anzahl von inhärenten Feedbacks zwischen Ozonverteilung und Wellendynamik große Unterschiede und Unsicherheiten (z.B. WMO Report, 2007). Hier gibt es noch erheblichen Forschungsbedarf bzgl. des Verständnisses der relevanten Wirkungsketten.

Zielsetzung unserer Projektarbeiten ist die Analyse der beobachteten längenabhängigen Ozon-Komponente auf Grundlage von ECMWF Reanalysen (ERA-40) und satellitengestützten Messungen (SAGE, GOME), sowie die Quantifizierung ihres Einflusses auf die atmosphärische Dynamik in der Tropo- Strato- und Mesosphäre mit Hilfe des Klimamodells MAECHAM5 (Höhenbereich: 0-80km). Erste Ergebnisse des Projektes hatten gezeigt, dass die Strahlungsforcierung einer ausgeprägten planetaren Wellenstruktur im stratosphärischen Ozon der 1990er (Welle 1) eine bemerkenswerte Änderung in der regionalen Verteilung troposphärischer Wellenflüsse - d.h. im Brechungsverhalten von Rossbywellen - bewirkt. Im weiteren Verlauf der Projektarbeiten wurde die Diagnose der Ozonänderungen auf Grundlage von satellitengestützten Beobachtungen verifiziert, und die Untersuchung ihrer Wirkung auf Temperatur, polaren Wirbel und planetare Wellenausbreitung ausgeweitet. Die folgende Zusammenfassung enthält exemplarisch einige wichtige Ergebnisse (s. a. Gabriel et al., Geophys. Res. Lett., 2007).

Die stratosphärische Ozonverteilung der ERA-40 Daten zeigt eine prägnante Verstärkung einer Welle-1-Struktur während der letzten 3-4 Dekaden mit einem signifikantem Trend in der Amplitude von ca. 0.2 mg/kg pro Dekade (Abb. 1.1, links). überlagert ist eine zeitliche Variation in der Amplitude, die höchstwahrscheinlich mit dem 11-jährigen Zyklus der Sonnenaktivität zusammenhängt. Zum Vergleich zeigt Abb. 1.1 (rechts) zwei aus satellitengestützten Messungen (SAGE, GOME) abgeleitete Zeitreihen, die die gekennzeichnete planetare Wellenstruktur und ihre langfristigen Variationen bestätigen. Hierbei ist aber zu berücksichtigen, dass insbesondere die SAGE Daten leider nur eine sehr geringe zeitlich-räumliche Dichte von Messprofilen bereitstellen können. Die Arbeiten sollen auf Grundlage neuerer Daten (ERA-Interim, neuere Satellitenmessungen) fortgeführt werden.

Abb. 1.2 zeigt die Wirkung von O3* auf die planetare Wellenausbreitung im MAECHAM5 (gerechnet wurden jeweils 10 Winterperioden der 1990er mit und ohne dekadisches Mittel von O3*). Die Implementierung von O3* führt zu einer Verstärkung und Verlagerung der stationären Welle-1-Struktur in der mittleren Atmosphäre (siehe Geopotential), insbesondere zu einer Verstärkung des polaren Tiefdruck-Wirbels (T) über Nord-Kanada / Grönland (60-90°W), sowie zu einer Verlagerung besonders ausgeprägter vertikal und ostwärts propagierender Wellenzüge von der östlichen in die westliche Hemisphäre (siehe Pfeile). Hier sei erwähnt, dass das Modell mit O3* die Struktur des polaren Wirbels sowie die Wellenflüsse im Vergleich zu Beobachtungen (ERA-40) wesentlich besser beschreibt. Der bemerkenswert starke Effekt auf die Wellenausbreitung legt nahe, die längenabhängige Ozon-Komponente bei künftigen Klimaprognosen zu berücksichtigen. Die indirekte Fernwirkung des stratosphärischen O3* über die Änderung in der Wellenausbreitung kann bis in die Höhengebiete der Mesosphäre verfolgt werden (Abb. 1.3). Induzierte Änderungen von ca. -4K über Europa können dabei als Beitrag zum längenabhängigen Trend von ca. -1K pro Dekade interpretiert werden; das entspricht etwa 35% des aus den Phasenhöhenmessungen des IAP abgeleiteten beobachteten Temperaturtrends über Mitteleuropa.

Hier sei erwähnt, dass die Signifikanz der induzierten Temperaturänderung aufgrund der "Filterwirkung" der stabil geschichteten Stratosphäre mit der Höhe zunimmt. Änderungen in der höheren Atmosphäre können demnach eine wertvolle Interpretationshilfe bei der Bewertung von klimabedingten Änderungen in den unteren Schichten der Atmosphäre bieten.

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Dr. Axel Gabriel

Tel. : +49 (0) 38293 68 390
Fax : +49 (0) 38293 68 50

Quelle

Institutsbericht 2006/2007